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Schwerpunktthema 2

Anhaltend hoher Reformdruck in der sozialen Pflegeversicherung

Die Situation der sozialen Pflegeversicherung (SPV) ist ernst. Mit der Beitragserhöhung zum Jahreswechsel 2024/2025 wurde das Finanzierungsproblem nicht gelöst, sondern lediglich aufgeschoben. Die Erhöhung auf 3,6 Beitragssatzpunkte reicht nicht aus, um die absehbaren Ausgabensteigerungen auszugleichen. Somit ist selbst die Finanzierung für 2025 nicht hinreichend gesichert. Reformen sind unumgänglich und müssen von der neuen Bundesregierung schnell angegangen werden.

9,9 Milliarden Euro für versicherungsfremde Leistungen 2025

Für eine Stabilisierung der SPV-Finanzen ist es essenziell, dass der Bund und die Länder ihrer Verantwortung nachkommen. Versicherungsfremde Leistungen müssen aus Steuermitteln refinanziert werden:

  • 5,2 Milliarden Euro für Corona-Maßnahmen (einmalig)
  • 4,7 Milliarden Euro für Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige (jährlich dynamisiert)

Bislang übernehmen allein die Beitragszahlenden mit ihren Beiträgen die Kosten für diese gesamtgesellschaftlichen Aufgaben. Wenn der Staat die Ausgaben erstattet, würden der Pflegeversicherung im nächsten Jahr insgesamt rund 9,9 Milliarden Euro mehr zur Verfügung stehen. So wäre eine finanzielle Brücke gebaut, die notwendig ist, um die Pflegeversicherung grundlegend zu reformieren.

Ausgaben 2025 erstmals über 70 Milliarden Euro

Im vergangenen Jahr sind die Leistungsausgaben um über 6 Milliarden Euro gestiegen. Das entspricht einer Wachstumsrate von 11,2 Prozent. Für 2025 ist erneut ein Anstieg deutlich über 11 Prozent zu erwarten. Insgesamt wird die SPV erstmals mehr als 70 Milliarden Euro ausgeben. Der Anstieg der Leistungsausgaben hat vor allem drei Gründe:

  1. Anhebung aller Leistungsbeträge um 4,5 Prozent zum 1. Januar 2025
  2. stetige Zunahme der Leistungsbeziehenden
  3. steigende finanzielle Beteiligung der Pflegeversicherung an den Eigenanteilen in der vollstationären Pflege

5,64 Millionen Pflegebedürftige – neuer Rekord

Seit Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs 2017 steigt die Anzahl der Pflegebedürftigen jedes Jahr im Durchschnitt um rund 326.000. Somit ist die Zahl der Leistungsbeziehenden seitdem noch rasanter gestiegen: innerhalb von nur acht Jahren um 2,89 Millionen. Den größten Zuwachs verzeichnete dabei die ambulante Pflege mit ca. 2,82 Millionen zusätzlichen Leistungsbeziehenden.

Eigenanteile für stationäre Pflege um 38 Prozent erhöht

Für Menschen in Pflegeheimen hat sich der durchschnittliche Eigenanteil von 1.752 Euro pro Monat (2017) auf 2.424 Euro (2024) erhöht. Das entspricht einer Steigerung um 38 Prozent. Die Zuschüsse der SPV in Höhe von 6,4 Milliarden Euro (2024) konnten die enormen Kosten nur geringfügig abfedern.

Um eine deutliche Entlastung der Betroffenen zu erreichen, müssen die Länder und Kommunen ihrer Finanzverantwortung bei den Investitionskosten nachkommen. Ferner dürfen Kosten für die Ausbildung von Pflegekräften nicht wie bisher auf die Pflegebedürftigen verlagert werden. Ein wichtiger Schritt, um den steigenden Eigenanteilen zu begegnen, wäre die Dynamisierung der Leistungsbeträge der Pflegeversicherung, indem sie an die jährliche Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen gekoppelt werden.

Defizit im Jahr 2025 erhöht Handlungsdruck

Für das Jahr 2025 erwartet der GKV-Spitzenverband für die SPV ein Defizit von rund 160 Millionen Euro. Die finanziellen Reserven der Pflegeversicherung lagen zu Jahresbeginn bereits deutlich unter der Interventionsschwelle, die zur Anpassung des gesetzlich festgelegten Beitragssatzes definiert wurde. Die Beitragssatzanhebung um 0,2 Beitragssatzpunkte zum 1. Januar 2025 schreibt diese prekäre Finanzsituation nun fort. Sie reicht nicht aus, um die Pflegeversicherung finanziell wieder auf solide Beine zu stellen und gegenüber möglichen Einnahmen- oder Ausgabenschwankungen abzusichern. Eine Finanzierungsreform der SPV muss daher bei der künftigen Bundesregierung ganz oben auf der Prioritätenliste stehen.

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