Historische Schieflage bei
den GKV-Finanzen
Ampel-Koalition blieb Reform schuldig
Überproportional steigende Ausgaben, aufwachsende Defizite, mehrfache Beitragssatzerhöhungen sowie eine Reformdebatte zur Stabilisierung der GKV-Finanzen prägten das Jahr 2024. Kontroverse Diskussionen gab es dabei nicht allein zwischen Bundesregierung und Opposition sowie den Selbstverwaltungspartnern, Verbänden und sonstigen Akteuren des Gesundheitswesens. Auch innerhalb der Ampel-Koalition herrschte Uneinigkeit. Die vom Bundesgesundheitsministerium im Mai 2023 erarbeiteten Empfehlungen für eine stabile, verlässliche und solidarische GKV-Finanzierung machten diesen politischen Stillstand deutlich: kaum wirksame Ansätze zur Ausgabenbegrenzung bei haushaltspolitischen Vorbehalten gegen Maßnahmen auf der Einnahmenseite, beispielsweise die Erhöhung der Beitragspauschalen des Bundes für Bürgergeldbeziehende. Im Ergebnis blieben die Empfehlungen ohne Relevanz für die Gesetzgebung.
Reserven der Krankenkassen verbraucht
Die Reserven der Krankenkassen wurden 2024 fast vollständig verbraucht. Sie betrugen zum Jahresabschluss im Durchschnitt nur noch rund 7 Prozent einer Monatsausgabe. Künftige Finanzierungslücken werden unmittelbar zu weiteren Beitragssatzanhebungen führen, wenn keine wirksamen Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Ein „Weiter so“ darf es nicht geben.
Bund muss seiner Finanzierungsverantwortung gerecht werden
Der Bund darf sich nicht länger seiner Finanzierungsverantwortung für der GKV aufgebürdete gesamtgesellschaftliche Aufgaben entziehen. Dies gilt vor allem für die nicht kostendeckenden Beitragszahlungen für Bürgergeldbeziehende an die GKV. Ein vom GKV-Spitzenverband im Jahr 2024 beauftragtes wissenschaftliches Gutachten des IGES-Instituts zeigt, dass der Solidargemeinschaft pro Jahr Kosten in Höhe von rund 10 Milliarden Euro entstehen, für die eigentlich der Bund aufkommen müsste. Darüber hinaus finanzieren die Krankenkassen versicherungsfremde, vorwiegend familienpolitische Leistungen in einem erheblichen Umfang. Zur Abgeltung dient die Bundesbeteiligung. Jedoch beträgt diese seit 2017 unverändert 14,5 Milliarden Euro, während die Ausgaben, nicht zuletzt aufgrund der hohen Inflation der letzten Jahre, stetig steigen. Der schleichenden Entwertung der Bundesbeteiligung ist daher dringend mit einer regelgebundenen Dynamisierung zu begegnen.
Beitragsgelder für gute Versorgung einsetzen
Potenziale zur Hebung von Effizienzreserven und zur besseren Ressourcensteuerung bestehen in wichtigen Versorgungsbereichen. Dies gilt insbesondere für die Krankenhausversorgung. Diese muss für die Zukunft stringent am tatsächlichen Versorgungsbedarf der Bevölkerung ausgerichtet werden. Maßnahmen zur Erhaltung ineffizienter Strukturen belasten die Beitragszahlenden und verhindern Versorgungsverbesserungen, zudem werden personelle Ressourcen unnötig gebunden. Finanzielle Schäden, die den Krankenkassen durch fehlerhafte Abrechnungen der Krankenhäuser angesichts lediglich quotierter Prüfungen entstehen, dürfen nicht länger hingenommen werden.
Wichtige Strukturreformen endlich angehen
Der Gesetzgeber muss zu Beginn der neuen Legislaturperiode wirksame Reformmaßnahmen auf der Einnahmen- wie auf der Ausgabenseite ergreifen, um weitere Beitragssatzsteigerungen abzuwenden. Der Bund muss Verantwortung für die Finanzierung der gesamtgesellschaftlichen Aufgaben übernehmen, die seit Langem von den Beitragszahlenden der GKV getragen werden. Parallel sind Strukturreformen auf der Ausgabenseite ein Gebot der Stunde.
Weiterführende Informationen
IGES-Gutachten Bürgergeldbeziehende