Europäische Gesundheitspolitik

Die europäische Integration bietet enorme Vorteile für die 75 Millionen gesetzlich Versicherten in Deutschland: Von der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung über die Mobilität von Fachkräften bis hin zur Arzneimittelversorgung profitieren Millionen Menschen von der engen Zusammenarbeit in der EU. Der Verwaltungsrat fordert daher, diese Errungenschaften weiterzuentwickeln und langfristig zu sichern.

Die Gesundheits- und Sozialsysteme in Europa sind vielfältig. Die EU profitiert unmittelbar von der Selbstverwaltung: Die gesetzliche Kranken- und die soziale Pflegeversicherung bringen ihre Expertise und Erfahrung in die Gremien und Gesetzgebungsprozesse auf europäischer Ebene ein. So kann die Umsetzung europäischer Politik in den deutschen Gesundheitssystemen und den verantwortlichen Institutionen vor Ort möglichst effektiv erfolgen.

Das europäische Sozialrecht stellt sicher, dass Versicherte auch im EU-Ausland abgesichert sind. Eine zukunftsfähige Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme setzt deren weitere Digitalisierung voraus. Der elektronische Austausch von Behandlungsdaten und Rezepten kann die grenzüberschreitende Versorgung erheblich erleichtern. Künftige Digitalisierungsprojekte wie die elektronische Europäische Krankenversicherungskarte können nur erfolgreich sein, wenn sie Verwaltungsabläufe vereinfachen und den Zugang zu Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger erleichtern. Dazu müssen die Sozialversicherungsträger bereits in die Planung einbezogen werden.

Lieferengpässe und steigende Preise bedrohen die Arzneimittelversorgung in der EU. Die EU muss dazu beitragen, dass Arzneimittel bezahlbar und verfügbar sind. Bestehende Anreizsysteme, die häufig die Entwicklung neuer Arzneimittel mit zusätzlichen Schutzfristen belohnen, sollten so gestaltet werden, dass sie nachweislich dem Ziel des Zugangs zu Arzneimitteln, ihrer Bezahlbarkeit und Verfügbarkeit dienen. Dazu gehören auch eine diversifizierte Produktion, transparente Lieferketten und eine konsequente Durchsetzung der Herstellerpflichten. Die europaweite Bereitstellungspflicht durch die jeweiligen pharmazeutischen Unternehmen muss mit konkreten Sanktionsmöglichkeiten durchgesetzt werden können.

Der Europäische Gesundheitsdatenraum bietet die Chance, Gesundheitsdaten europaweit für Forschung und Versorgung nutzbar zu machen. Dabei müssen der Schutz der Daten und das Patientenwohl stets im Mittelpunkt stehen. Der GKV-Spitzenverband fordert, dass Gesundheitsdaten primär für gesetzliche Aufgaben und zur Verbesserung der Versorgung genutzt werden. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass die Nutzung von Daten der Solidargemeinschaft für die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen transparent gemacht wird und insbesondere bei der Preisgestaltung berücksichtigt werden kann.

Der Klimawandel ist eine große Herausforderung für die Gesundheit. Die EU muss nachhaltige Gesundheits- und Sozialsysteme fördern und den Einfluss von Umweltfaktoren auf die Gesundheit berücksichtigen. Das umfasst eine klimafreundliche Gestaltung des Gesundheitssektors, umweltfreundliche Arzneimittelproduktion und wirksame Strategien gegen hitzebedingte Gesundheitsgefahren.

Der GKV-Spitzenverband fordert auch nach der Europawahl eine klare Prioritätensetzung für soziale Sicherheit und Gesundheitsversorgung auf europäischer Ebene. Die Selbstverwaltung muss in die Entscheidungsprozesse eingebunden und das Solidarprinzip der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung gestärkt werden. Denn nur ein starkes soziales Europa ist ein zukunftsfähiges Europa.