Medizinforschungsgesetz führt Geheimpreise ein
Stärkung der Pharmaindustrie zulasten der Beitragszahlenden
Eine Vielzahl an Akteuren – beispielsweise Krankenkassen, Ärztinnen und Ärzte, Apotheken bis hin zu Justizvollzugsanstalten und Kirchen – müssen den Preis von Arzneimitteln kennen, um Leistungen und ihre Vergütung abrechnen zu können. Trotzdem wurde mit dem Medizinforschungsgesetz die Möglichkeit geheimer Preise geschaffen. Der Gesetzgeber verfolgte damit das Ziel, die Vermarktungsbedingungen für Pharmaunternehmen zu verbessern und Forschungsaktivitäten in Deutschland zu forcieren. Tatsächlich führt die Regelung zu einem immensen Aufwuchs an Bürokratie, zu mehr Intransparenz sowie zu höheren Ausgaben. Gelder der Versicherten dienen der Behandlung von Krankheiten und sollten nicht für Forschungsvorhaben eingesetzt werden.
Vorgaben für Geheimpreise
Die neuen Regelungen zur Einführung von Geheimpreisen traten zum 1. Januar 2025 in Kraft. Nach Abschluss der AMNOG-Verhandlungen kann das pharmazeutische Unternehmen bestimmen, dass der verhandelte Erstattungsbetrag nicht öffentlich gelistet wird – es kommt zu einem geheimen Preis. Um die Regelung nutzen zu dürfen, sind bestimmte Forschungsaktivitäten in Deutschland nachzuweisen. Die Regelung läuft probeweise zunächst bis 30. Juni 2028.
Höhere Kosten, mehr Bürokratie und Intransparenz
Die Verknüpfung der Arzneimittelpreise mit lokalen Forschungsaktivitäten bedeutet, dass Beitragsmittel zur Förderung des Wirtschaftsstandorts und damit nicht für Aufgaben der Sozialversicherung eingesetzt werden. Dem GKV-Spitzenverband sowie dem Gemeinsamen Bundesausschuss werden in der Umsetzung systemfremde Aufgaben zugeordnet.
Ob Geheimpreise tatsächlich zu niedrigeren Erstattungsbeträgen führen, ist nicht nachgewiesen. So müssen Unternehmen zwar zusätzlich für die Inanspruchnahme eines Geheimpreises 9 Prozent Rabatt auf den bereits geeinten Erstattungsbetrag gewähren, sie könnten dies aber auch bereits durch ihre Preispolitik vorab einpreisen. Sicher ist, dass bereits die Option auf Geheimpreise schon heute erhebliche bürokratische Mehraufwände und zusätzliche Kosten erzeugt.
Ein wesentlicher Kostentreiber besteht darin, dass Ärztinnen und Ärzte das Wirtschaftlichkeitsgebot bei Verordnung eines Arzneimittels mit Geheimpreis nicht mehr beachten können. Denn sie kennen die tatsächlichen Preise nicht mehr und können damit auch die Ausgaben für Arzneimittel in einem Anwendungsgebiet nicht mehr vergleichen. Hierzu ist zwar eine ausgleichende Regelung vorgesehen, die gesetzlichen Vorgaben sind aber unklar. Auch die Rechtsvorgaben zum geheimen Erstattungsbetrag im Krankenhaussektor sind unvollständig und erzeugen dadurch ebenfalls Mehrausgaben.
MFG schwächt auch das AMNOG
Durch eine weitere Regelung des MFG werden die sogenannten AMNOG-Leitplanken abgeschwächt. Diese waren im Jahr 2022 mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz eingeführt worden, um die Preisspirale bei neuen Arzneimitteln zu durchbrechen. Das Ziel: Arzneimittel, die im Vergleich keinen oder nur einen geringfügigen Zusatznutzen aufweisen können, sollten sich auch auf einem vergleichbaren Preisniveau bewegen. Durch die Leitplanken, also die rechtlich eindeutige Begrenzung des möglichen Preiskorridors, sollte ein struktureller wie ausgabendämpfender Einspareffekt generiert werden. Dieser Effekt ist in der Folge nicht durchgängig eingetreten. Zum einen wurde die Regelung durch die Schiedsspruchpraxis unterminiert. Zum anderen hat das MFG nun zusätzlich eine Ausnahme von den Leitplanken eingeführt, nämlich dann, wenn Unternehmen nachweisen können, dass sie ein bestimmtes Ausmaß an Forschungsaktivitäten in Deutschland haben.
AMNOG muss gestärkt werden
Das AMNOG-Preisbildungssystem wurde durch das MFG in zentralen Instrumenten geschwächt. Bürokratie, höhere Kosten bei der Verordnung und Forschungsförderung mit Versichertengeldern – die GKV bezahlt dadurch zu viel für Arzneimittel ohne Zusatznutzen für die Versicherten. Der Gesetzgeber sollte in der neuen Legislaturperiode die Wirksamkeit des AMNOG wieder stärken, damit es einen effektiven Beitrag zur Finanzstabilität der GKV leisten kann.